<h1>Was steckt hinter dem Atomausstiegsgesetz?</h1>
 

Schon im Jahre 2000 setzte die rot-grüne Regierung einen Beschluss zur schrittweisen Abschaltung der Atomkraftwerke durch. Zehn Jahre danach wurden die Laufzeiten unter der schwarz-gelben Regierung wieder verlängert. Schlussendlich führte die Katastrophe in Fukushima/Japan zum endgültigen Atomausstieg in Deutschland. Der gesetzliche Hintergrund dieses Wechselspiels ist durchaus interessant.

Die ersten Ausstiegspläne aus dem Jahr 2000

Im Juni 2000 wurde die Vereinbarung zur Abschaltung der Atomkraftwerke getroffen. Rot-Grün wollte weg von der Atomtechnik und ein Zeitalter der erneuerbaren Energien einläuten. Entsprechend wurde dies auch im Bundestag am 14. Dezember 2001 festgehalten. CDU/CSU, FDP und PDS stimmten der Vorlage der Bundesregierung bereits damals nicht zu. Im April 2002 folgte eine Novelle des Atomgesetzes. Die zuvor beschlossene Vereinbarung wurde rechtlich verbindlich festgesetzt. Namentlich das „Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Energie“, war die Novelle auf folgende Eckpunkte ausgelegt:

  • Befristung der Laufzeit auf max. 32 Jahre nach Eröffnung
  • Abschaltung der Atommeiler nach Verbrauch der Reststrommenge (2623 TWh)
  • Nach Verbrauch der Reststrommenge erfolgt die sofortige Stilllegung bei allen 19. Kraftwerken
  • Im Juli 2005 werden die Transporte des Atommülls eingestellt

Das neueste Atomkraftwerk ist das AKW Mühlheim-Kärlich. Es ging im Jahre 1989 ans Stromnetz. Daraus ergab sich die maximale Restlaufzeit des letzten Atomkraftwerkes. Dieses hätte im Jahr 2021 abgeschaltet werden müssen – ein Datum für den endgültigen Atomausstieg wäre benennbar gewesen. Es wurde jedoch auch eine Verteilung der Reststrommengen beschlossen. Dies hätte den geplanten Atomausstieg noch etwas verzögern können.

Da die CASTOR-Transporte ab Mitte 2005 untersagt werden sollten, mussten Zwischenlager nahe den Kraftwerken errichtet werden.

Der Ausstieg vom Ausstieg erfolgte 2010

Im Jahr 2005 ging aus den Bundestagswahlen eine große Koalition hervor. Obgleich die Union immer wieder durchblicken ließ, dass der Atomausstieg nicht in ihre  energiepolitischenPläne passe, wurde sich darauf geeinigt den gewählten Kurs beizubehalten.

2008 hatten die Kraftwerke knapp 50 Prozent ihrer Reststrommenge produziert. Schon in 2007 war die Stromproduktion der AKWs deutlich gesunken, Wartungsarbeiten hatten dazu geführt. Versorgungslücken traten nicht auf. Vielmehr gab es Spekulationen, ob die Restmenge nicht noch so lange aufgespart würden, bis 2009 Wahlen stattfinden sollten. Möglicherweise haben die Kraftwerkbetreiber tatsächlich nur auf einen politischen Umschwung gewartet. Mit dem deutlichen Sieg von Schwarz-Gelb bei den Bundestagswahlen von 2009 war es dann so weit.

Nach längerem Hin und Her kam die Laufzeitverlängerung unter CDU und FDP doch noch zustande. Trotz Widerstand auf Seiten der Opposition wurden die Laufzeiten der Atomkraftwerke am 28. Oktober 2010 verlängert. Es wurde eine Neufassung (Novelle) des Atomgesetzes durchgeführt. Bei diesem Beschluss wurde der Bundesrat außer Acht gelassen. Die Regierung begründete dies damit, dass die Atompolitik ausschließlich in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes falle. Auch der Atomausstieg im Jahre 2002 war ohne die Mitsprache des Bundesrates beschlossen worden.

Die SPD regierten Länder führten daraufhin eine Abstimmung darüber herbei, ob sich der Bundesrat an der Laufzeitverlängerung beteiligen müsse. Im Bundesrat scheiterte jedoch schon diese Abstimmung an der Mehrheit Schwarz-Gelb regierter Länder. Daraufhin reichten die SPD-regierten Ländern und Bundestags-Abgeordnete der SPD und der Grünen eine Verfassungsklage in Karlsruhe ein. Das Bundesverfassungsgericht sollte darüber entscheiden, ob die Laufzeitverlängerung rechtens war oder nicht. Doch soweit kam es schließlich nicht.

Schwarz-gelber Atomausstieg im Jahre 2011

Am 12. März 2011 kam es in Japan zu einem großen Erdbeben und in der Folge zur Reaktor-Katastrophe von Fukushima. Kanzlerin Merkel beschloss daraufhin zunächst einen Sicherheitscheck der deutschen Kraftwerke. Nur drei Tage später, am 15. März, hatte die Kanzlerin ihren Kurs geändert. Vor den anstehenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg sprach sie davon die alten AKWs vorübergehend abzuschalten.

Nach Sicherheitschecks der Reaktorsicherheitskommission und einem umfassenden Bericht einer Ethikkommission, wurden die Ausstiegspläne der schwarz-gelben Koalition am 30. Mai 2011 bekannt. Bis 2022 sollten die Atommeiler vom Netz gehen. Die Pläne ähnelten denen, welche die SPD und Grünen schon im Jahre 2000 durchgesetzt hatten. Schon am 6. Juni stimmte das Kabinett dem Atom- und Energiepaket zu. Der damalige Bundespräsident Wulff unterschrieb die Änderung in der Atomnovelle am 1. August 2011, fünf Tage später wurden sie rechtskräftig.

Chronik der Atomnovelle

Die zunächst von der rot-grünen Regierung aufgesetzte Atomnovelle wurde im Laufe der Jahre mehrmals durcheinandergebracht.

Jahr 2002:

  • Juristische Absicherung zwischen Energieversorgern und Bundesregierung
  • Verbot des Neubaus weiterer Atomkraftwerke
  • Festlegung der Reststrommengen, samt Übertragungsrechte, der Meiler
  • Erstmals festgeschriebene Sicherheitsüberprüfungen der Kraftwerke
  • Betreiber mussten Zwischenlager nahe der AKWs errichten

 

  • Ab 2005 war die Aufbereitung von Brennelementen in entsprechenden Anlagen verboten
  • Die Haftpflichtversicherung (Deckungsvorsorge) der Kraftwerke wurde auf 2,5 Milliarden Euro angehoben
  • 2003 wurde das Kraftwerk in Stade und 2005 das Kraftwerk Obrigheim stillgelegt

Jahr 2010

  • Laufzeitenverlängerung bestehender Kraftwerke um 8 bzw. 14 Jahre

Jahr 2011

  • Atomkatstrophe am 12. März 2011 in Fukushima/Japan
  • Wende in der schwarz-gelben Atompolitik innerhalb weniger Tage
  • Verkündung eines dreimonatigen Atommoratoriums für sieben alte AKWs
  • Abstimmung über den Atomausstieg am 30. Juni mit Mehrheit angenommen
  • Gesetzesänderungen wurden am 8. Juli vom Bundesrat gebilligt, zuzüglich sechs Begleitgesetze
  • Am 01. August unterzeichnete Bundespräsident Wulff das geänderte Gesetz

Zur aktuellen Fassung des Atomgesetzes geht es hier.

Rechtlicher Hinweis:

Die auf dieser Webseite veröffentlichten Information und Gesetze können veraltet oder fehlerhaft sein. Für Vollständigkeit und Korrektheit übernehmen wir keinerlei Garantie!

Gesetze-XXL.de dient der allgemeinen Bildung und Information, nicht der Beratung bei individuellen rechtlichen Anliegen.

Sämtliche Inhalte sind ständigen Veränderungen unterworfen.

Verwenden Sie Gesetze-XXL.de nicht für rechtliche Einschätzungen!

Wenden Sie sich wegen Ihres Anliegens an einen Anwalt oder an eine Beratungsstelle.

Neueste Artikel

Casinobetrug im Internet: Kann man sich schützen?

Casinobetrug im Internet: Kann man sich schützen?

Casinos im Internet haben sich im Laufe von wenigen Jahren von einer kleinen Nische des Glücksspielmarktes zu einer immer beliebteren Alternative entwickelt. Immer...

 

Privatinsolvenz 2014: So wirkt sich die Insolvenzrechtsreform aus

Am 1. Juli 2014 ist die sogenannte zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform in Kraft getreten. Die neue Rechtslage verspricht auf den ersten Blick Vorteile durch...

 

Wann dürfen Autofahrer auf Sommerreifen umstellen?

Korrekte Bereifung stellt viele Autofahrer zu jedem Jahreswechsel vor Unsicherheiten. Andere Fahrer gehen Risiken ein, wenn sie zu früh auf Sommerreifen umrüsten....

 
Die Aufgaben eines Notars

Die Aufgaben eines Notars

Der Notar ist einer der Berufsstände, den jeder kennt aber von dem die Meisten nur eine grobe Vorstellung über das Tätigkeitsfeld besitzen. Am ehesten weiß man...

 

Haftpflichtversicherung für Studenten und Auszubildende

Der Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung ist in jedem Lebensabschnitt zu empfehlen. Unfälle oder kleinere Missgeschicke können immer und überall passieren,...